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rohrblatt

Die Zeitschrift für Oboe, Klarinette, Fagott und Saxophon, Juni 2020

CDs – kritisch gehört 

Jean Philippe Rameau (1683-1764) Suite la Triomphante
Wolfgang A. Mozart (1765-1791) Phantasie f-Moll KV 608
Maurice Ravel (1875-1937) Le Tombeau de Couperin

Vienna Reed Quintet: Heri Choi (Oboe), Heinz-Peter Linshalm (Klarinette), Alfred Reiter (Saxophon), Petra Stump-Linshalm (Bassklarinette), Sophie Dervaux (Fagott)

Naxos 8.579021

Das Vienna Reed Quintet ist kein normales Bläserquintet, denn es setzt sich zusammen aus Oboe, Klarinette, Saxophon, Bassklarinette und Fagott. Die ungewähnliche Besetzung ist klanglich interessant, aber sie bringt ein offensichtliches Problem mit sich: Es gibt kein Repertoire, es sei denn, man bestellt es, was die auf zeitgenössische Musik spezialisierten Wiener Musiker um das Ehepaar Heinz-Peter Linshalm (Klarinette) und Petra Stump-Linshalm (Bassklarinette) sonst auch tun. Für ihre erse CD wählten sie jedoch bekannte Komponisten, deren ursprünglich für Tasteninstrumente gedachte Stücke, die man auch in anderen Bläserbearbeitungen kennt, hier in niederländischen Arrangements des Saxophonisten Raaf Hekkema und des Bassklarinettisten Jelte Althuis erklingen.

Für Puristen ist Barockmusik mit Saxophon vermutlich ein Graus, aber sie funktioniert auch mit dem orchestralen üppigen Klangbild der Wiener Musiker. Jean-Philippe Rameaus virtuos musizierte Suite „La Triomphante“ bekommt durch die Besetzung mit Englischhorn (Heri Choi), Sopransaxophon (Alfred Reiter) und Klarinette einen ungewohnt hellen Klang, durch Bassklarinette und Fagott (Sophie Dervaux) zugleich ein starkes Bassfundament. Bei Wolfgang Amadeus Mozarts makellos gespielter (und musikalisch über eine Gelegenheitskomponsition weit hinausgehender) Fantasie in f-moll für Orgelwalze und Maurice Ravels „Le Tombeau de Couperin“ werden Oboe und Altsaxophon verwendet. Besonders letztere Suite, von der Ravel später selbst vier Sätze für kleines Orchester bearbeitete, überzeugt in der dichten und farbigen atmosphärischen Aufführung. Die Musik, eine Reverenz an die französische Barockmusik mit impressionistischen Mitteln, wird mit Spielfreude und Witz auf allerhöchstem bläserischen Niveau dargeboten. Die CD weckt Lust darauf, mehr vom Vienna Reed Quintet zu hören. Sebastian Werr